Montag, 16. August 2010

Der liebe Gast und ich

Hallo liebe Gastronomen, liebe Kellner und Kellnerinnen...
Ich selbst gehöre auch dieser Berufsgruppe an und ich muss Euch sagen, nach vielen Jahren in diesem Job... er macht mir immer noch Spass, auch wenn ich mir nicht vorstellen kann das ich ihn bis zur Pensionierung durchziehen kann. Zumal ja einige Politiker mit dem Gedanken spielen das Rentenalter auf 70 hoch zu schrauben. Bei der Vorstellung daran wie ich im Greisenalter mit voll beladenem Tablett, oder die Hände voller glühender Teller durch ein Restaurant, oder schlimmer noch durch einen überfüllten Biergarten im Sommer bei 30 Grad schlürfe und jeweils nach 15 Metern eine Atempause einlegen muss, wird mir jetzt schon ganz übel. Wahrscheinlich werde ich dann einen Hochleistungs Herzschrittmacher brauchen um die täglichen 30 bis 40 Kilometer überhaupt bewältigen zu können. Meine Lungen werden nach dutzenden Jahren Zigarettenkonsums pfeifen wie eine altersschwache Dampflock und mein Alkoholverbrauch lindert auch schon lang nicht mehr die Nervenleiden welche ungeduldige Gäste meiner geschundenen Kellnerseele im Laufe meiner Karriere als Tellerträger zugefügt haben. Wahrscheinlich werde ich mich aber immer noch mit ebenso alten Köchen am Pass streiten, welche mir mit Ihrer Gehhilfe drohen, ohne die sie sich in der Küche nicht mehr aufrecht halten können. Sollte sich dann einmal ein Gast beschweren das ich seine Bestellung nicht richtig verstanden habe, kann man das super auf`s defekte Hörgerät schieben und am kalten Essen ist das Hüftleiden und das neue Gelenk schuld, welches mir einen schnelleren Gang versagte. Wechselgeld zu wenig herausgegeben? Oh sorry, meine Augen sind schon lange nicht mehr gesund, grauer Star... Sie wissen schon...
Von den Lehrlingen im Betrieb wird man liebevoll mit "Opa" betitelt und vom Gehalt geht die Hälfte für Arztbesuche und Medikamente drauf. Den Rest werde ich dann an meinen Chef abdrücken um die Getränke zu bezahlen die ich während des Serviervorganges auf Grund meines Parkinsonleidens verschüttet habe. Sofern ich mich an der Kasse überhaupt noch daran erinnern kann was die Gäste bestellt hatten, denn mit beginnender seniler Dimenz lässt das Erinnerungsvermögen rapide nach. Toilettengänge während der Arbeitszeit gehören dann auch der Vergangenheit an. Entweder ich vergesse zur Toilette zu gehen, schaffe es nicht bis zum Klo, weil ich mich schon seit geraumer Zeit nicht mehr daran erinnern kann das ich schon lang inkontinent bin, oder ein künstlicher Darmausgang macht diesen Weg überflüssig. Wenn ich nicht noch in der Mittagspause meine Dritten verschlucke, weil die altersschwachen Köche den Spezialbrei für meine Schnabeltasse zu fest angerührt hatten, werde ich es zum Feierabend mit dem Rollstuhl sogar bis in meine alters gerechte Wohnung schaffen. Ja nun, aber bis es so weit ist habe ich ja noch 30 Jahre Zeit.... ( Oh mein Gott )
Tja... aber was wollte ich eigentlich über unsere lieben Gäste erzählen ? Fällt mir sicher gleich wieder ein...
 
Michael Gerlach

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